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Stellungnahmen und Positionspapiere

2024

Lachgas: Gemeinsame Stellungnahme des SKM und der Drogenhilfe Köln

Gemeinsame Stellungnahme des SKM Köln und der Drogenhilfe Köln gGmbH zur Verbreitung und zur gewünschten Regulierung von Lachgas:

Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen (EMCDDA) sieht Lachgas derzeit als Party- bzw. Modedroge auf dem Vormarsch (Quelle: EMCDDA (2022). Recreational use of nitrous oxide: a growing concern of Europe. Luxembourg: Publications Office of the European Union).

Auch in Köln ist In den letzten Monaten ein verstärkter Konsum von Lachgas bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu beobachten. Während und nach den Wochenenden findet man schwarze Luftballons und bunte Kartuschen in verschiedenen Größen in der Nähe der Party-Hotspots, wie z.B. den Kölner Ringen. Aber auch in Parks und an allgemeinen öffentlichen Treffpunkten von Jugendlichen finden sich die Konsumutensilien.

Der besondere Reiz liegt für Jugendliche vor allem in der leichten und kostengünstigen Verfügbarkeit. Denn Lachgas kann völlig legal ohne jede Altersbeschränkung erworben werden. Es wird seit vielen Jahren in kleinen Kapseln zum Aufschäumen von z.B. Sahne im Supermarkt verkauft. Diese kleinen Kapseln enthalten nur eine geringe Menge (10ml, bzw. 8 Gramm/Kapsel) und sind für 50 Cent pro Kapsel zu erwerben. Es benötigt bei diesen kleinen Kapseln spezielle Geräte, um das enthaltene Gas entweichen zu lassen. Seit wenigen Jahren gibt es zusätzlich Lachgas in verkaufsfertigen großen Flaschen zu kaufen. Diese Flaschen enthalten ein mitgeliefertes Ventil, über das ein sofortiger Konsum möglich ist. Das Volumen dieser Flaschen umfasst zwischen 680 g bis zu 3,5 Kg und somit mehrere hundert Konsumeinheiten. Geschmacksrichtungen wie Pfirsich, Erdbeere oder Mango sprechen vor allem junge Zielgruppen an. Der Verkauf erfolgt über Kioske, über das Internet, über Plattformen wie Amazon, über Social-Media-Accounts und über Messengerdienste. „Lachgas-Taxen“ liefern das gewünschte Produkt an jeden gewünschten Ort. Lachgas in großen Gebinden ist somit 24 Stunden, 7 Tage die Woche verfügbar.

Was ist Lachgas und wie wirkt es?

Lachgas ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Distickstoffmonoxid (N2O), ein farb- und geruchloses, leicht süßlich schmeckendes Gas. Es gehört zur Gruppe der Stickoxide und ist sowohl zu technischen als auch zu medizinischen Zwecken einsetzbar.

Technisches Lachgas wird als Treibmittel in Gaskapseln und Gasflaschen eingesetzt, z. B. zum Aufschäumen von Sahne in Sprühdosen, und ist u.a. als Treibmittel in Spraydosen enthalten.

Lachgas wird auf Grund seiner psychotropen Eigenschaften („auf die Psyche einwirkend“) missbräuchlich als Rauschmittel eingesetzt. Höhere (missbräuchliche) Dosierungen erzeugen einen kurz anhaltenden euphorisierenden Effekt. Sekunden nach dem Einatmen tritt ein leichter Rausch ein, der mit schwachen Halluzinationen, Wärme- und Glücksgefühlen einhergehen kann. Dieser Zustand hält maximal nur eine Minute an, weshalb eine häufige Wiederholung erforderlich wird.

Die motorischen und kognitiven Fähigkeiten können jedoch nach dem Konsum über einen längeren Zeitraum eingeschränkt bleiben, so kann z. B. die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigt sein.

Konsumform

Lachgas ist aktuell als Party- und Modedroge weit verbreitet. In der Regel werden Luftballons mit dem Gas befüllt und es wird anschließend über den Ballon eingeatmet. Der Konsum wird gerade bei Minderjährigen über Social Media wie TikTok und Instagram gehypt und von Herstellern beworben.

Gesundheitliche Risiken und Gefahren

Im Gegensatz zum Einsatz als medizinisches Lachgas, wo Sauerstoff mitverabreicht wird, erfolgt der Konsum als Rauschmittel unverdünnt. Dieser missbräuchliche Konsum ist mit erheblichen, z. T. irreversiblen, also nicht umkehrbaren Gesundheitsgefahren verbunden. Akute Folgen während des Konsums:

  • ein durch Überdosierung ausgelöster Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxie), der zu Bewusstlosigkeit führen kann,
  • Herz-Kreislauf-Versagen,
  • Hirnschäden sowie
  • Erfrierungen an Lippen und Fingern.

Wenn das komprimierte Gas aus der Kartusche strömt und sich ausdehnt, sinkt die Temperatur schnell auf bis zu minus 55 Grad Celsius. Beim direkten Inhalieren aus der Kartusche drohen Erfrierungen an der Lippe bzw. an den Fingern.

Die Lunge kann zudem beim Einatmen aus der Kartusche durch das schnelle Ausdehnen des Gases Risse bekommen. Die Gefahren nehmen mit der Intensität des Einatmens zu.

Folgen bei häufigem und regelmäßigem Konsum:

  • Mangel an Vitamin B12, der mehrere neurologische Erkrankungen zur Folge haben kann.
  • Schädigung des Nervensystems. Die Folge sind z. B. Polyneuropathien, d. h. die Reizweiterleitung der Nerven ist gestört: Reize werden nicht, zu stark oder abgeschwächt an das Gehirn geleitet. Das kann sich äußern in Kribbeln und Taubheitsgefühlen in Händen, Armen, Beinen und Füßen sowie Muskelschwächungen, was zu Gangunsicherheiten führen kann.
  • Schädigung des Knochenmarks mit Störungen bei der Blutbildung.
  • Regelmäßiger und häufiger Konsum kann zu psychischer Abhängigkeit führen.

(Quelle: https://www.ginko-stiftung.de/download/Material/231221_ginko_Factsheet_DinA4_barrierefrei_final.pdf ).

Rechtslage

Medizinisches Lachgas fällt unter das Arzneimittelgesetz (AMG), ein freier Handel ist somit strafbar. Technisches bzw. industrielles Lachgas wird nicht als Betäubungsmittel eingestuft und unterliegt weder dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG), dem Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) noch dem Arzneimittelgesetz (AMG).

In den Niederlanden, Großbritannien, Dänemark und z. T . in Frankreich ist der Besitz und Verkauf technischen Lachgases mittlerweile verboten oder zumindest eingeschränkt. Die EU warnt allgemein vor der Nutzung von Lachgas.

Positionierung von SKM Köln und Drogenhilfe Köln gGmbH

Klient:innen, welche sich bzgl. Lachgas als Hauptsubstanz an die Suchthilfeeinrichtungen des SKM und der Drogenhilfe Köln gGmbH wenden, sind aktuell noch die Ausnahme. Auf Nachfrage bei den Klient:innen der Jugendsuchtberatungsstellen zeigt sich hingegen, dass ein Großteil bereits Erfahrungen mit Lachgaskonsum gesammelt hat.

Im Rahmen der Veranstaltungen der Fachstelle für Sucht- und AIDS-Prävention des SKM Köln und der Fachstelle für Suchtprävention der Drogenhilfe Köln gGmbH in Schulen, Einrichtungen der Jugendhilfe etc. wird allerdings deutlich, dass der Konsum von Lachgas bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen gestiegen und ein relevantes Thema ist. Dies bestätigen auch die Streetworker der Stadt Köln und der AWO Köln.

Es gibt immer mehr Anfragen von Fachkräften und Eltern zum Thema. Das Wissen zu den Risiken von Lachgas ist noch nicht ausreichend verbreitet.

Insgesamt ist der Konsum von Lachgas von Jugendlichen in Deutschland und anderen europäischen Ländern auf dem Vormarsch.

Der regelmäßige Konsum von Lachgas birgt gerade für Jugendliche (und in Kombination mit anderen Substanzen wie z.B. Alkohol, THC, Ketamin) erhebliche Risiken und ist somit ein Thema für die Suchtprävention der Stadt Köln.

Grundsätzlich unterscheidet die Suchtprävention zwei Ansätze: Die auf das Verhalten von Menschen ausgerichtete Suchtprävention und die Suchtprävention, die auf die Beeinflussung gesellschaftlicher Strukturen abzielt. Beide Ansätze stehen in direkter Abhängigkeit zueinander (siehe Fachkonzept Suchtprävention der Stadt Köln, 2023).

Sowohl die Einrichtungen der Suchthilfe als auch Schulen, Einrichtungen der Jugendhilfe etc. sollten dieses Thema (evtl. mit Unterstützung der Fachstellen für Suchtprävention) proaktiv in den Blick nehmen, um mit den jeweiligen Zielgruppen darüber ins Gespräch zu kommen (Verhaltensprävention).

Entsprechende Informationsmaterialien müssen den entsprechenden Fachkräften, Eltern etc. bzw. den Jugendlichen/ jungen Erwachsenen zwecks Aufklärung bzw. Risikominimierung zugänglich gemacht werden.

Aus Sicht des SKM Köln und der Drogenhilfe Köln gGmbH sollte der Verkauf von technischem Lachgas (wie bereits in einigen europäischen Ländern erfolgt) reguliert werden (Verhältnisprävention). Eine Regulierung sollte vor allem die Größe der Kartuschen betreffen. Zudem sollte eine Altersgrenze beim Verkauf eingeführt werden.

Diesbezüglich bedarf es des Austauschs mit der entsprechenden Fachabteilung im Jugendamt der Stadt Köln und der Politik.

Der SKM Köln und die Drogenhilfe Köln gGmbH stehen der Politik und Verwaltung mit ihrer fachlichen Expertise gerne zur Verfügung.

2023

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